Frohe Weihnachten und einen Guten Rutsch ins neue Jahr 2024

Avatar of Ralf JannkeRalf Jannke - 23. Dezember 2023 - Wissen

Was ist zu sehen?

Ein kleiner Querschnitt Digitalkamerageschichte

Es werden mit jedem Jahr weniger historische Digitalkameras, die in eBay oder auf Flohmärkten auftauchen. Seitengründer Boris Jakubaschk schrieb unlängst: "Die Flohmärkte sind weitgehend tot, da findet man nichts brauchbares mehr." Die Kameras, die in den Anfangsjahren des Sammelns den eigentlichen Sinn eines Museums für Digitalkamera-Geschichte ausmacht haben. Aus den spannenden Geburtsjahren der ersten Hälfte der 1990er bis 2000 tauchen immer weniger bis gar keine Kamera mehr auf. Die sind in anderen Sammlerhänden oder längst im Elektroschrott entsorgt. Ich hatte irgendwann mal ganz "lose" 2005 als mein Sammlungsende festgelegt, woraus natürlich nichts geworden ist ;-) Was auch O.K. ist, denn schließlich stellte Panasonic 2008 die erste spiegellose Systemkamera der Welt vor. Und die DSLM hat heute das Sagen! Wer sich für die ganz frühen Kameras interessiert, muss unbedingt die Seite unseres amerikanischen Sammler-Kollegen Rodger L. Carter besuchen. Wobei Rodger konsequent 1999/2000 aufgehört hat zu sammeln.

Der Bestand, die Sammlung des Digicammuseum.de kann die Geschichte der Digitalkamera nie vollständig abbilden, aber ganz sicher sehr umfassend. Von der filmlos aber noch analog auf spezielle Diskette speichernden Video-Stillbildkamera über unzählige Konsumer- und Bridge-Digitalkameras, digitalen Spiegelreflexkameras von den Kodak-Anfängen 1991 bis zur Vollformat DSLR ran an die 2020er. Unser Bestreben war immer mit möglichst jeder funktionierenden Digitalkamera der Sammlung wenigstens 1x zu fotografieren. Statt nur langweilige Kamera-Abbildungen und Beschreibungen zu zeigen.

Die digitale Spiegelreflexkamera wird mittlerweile immer schneller durch spiegellose Systemkameras mit 13 x 17 mm microFourThirds-, 15 x 23 mm Halbformat APS-C- und 24x36 mm Kleinbildvollformasensor verdrängt.

Der größte „Verdränger“ ist aber das Smartphone

Die Qualität in Kombination mit KI – Künstlicher Intelligenz – ist nicht erst seit 2023 derart gut, dass es die komplette Konsumerdigitalkamera-Klasse ins Grab geschickt hat — zu Recht! Und selbst der Systemkamera mit oder ohne Spiegel macht das Smartphone das Leben schwer.

Der Reiz an uralten Digitalkameras ist bei mir weitgehend verflogen

Was nicht bedeutet, dass ich im Internet und auf Flohmärkten nicht die Augen offenhalte, wenn da mal etwas uraltes, historisches auftaucht. So kamen 2023 gleich zwei seltene Sharp Digitalkameras in die Sammlung. Allerdings nicht vom Flohmarkt! Eine DIGITAL VIEWCAM VL-DX10, von Abmessungen und Aufbau ganz klar eine Videokamera, die auch Stillbilder = Fotos auf MiniDV Videoband speichern kann. Die aber mangels Energieversorgung durch den nicht mehr lieferbaren Akku bzw. exotische Kabelanschlüsse nicht mehr in Betrieb zu nehmen ist. Deutlich spannenderer ein zweites Sharp Modell: VN-EZ1 mpeg-4, das als erste Stillbild-/Video-Digitalkamera der Welt Videos (mpeg4) komprimieren konnte! Und auf vorhandene SmartMedia-Karten speichern kann!

Was auch ein Thema ist: Datenspeicherung! Denn mit jedem weiteren Jahr wird es immer unmöglicher Kameras ohne Wechselspeicherkarten ihre Bilder aus dem Festspeicher abzuringen. Dazu fehlen Übertragungskabel, Uralt-Software und die dazugehörigen Uralt-Rechner.

Was heute acht- und schutzlos in Pappkartons geschüttet auf Flohmärkten landet, ist in der Regel uninteressante Digitalkamera-Massenware. Letztlich Elektronik-Schrott. Da reicht mittlerweile der trainierte Blick, um nur noch äußerst selten zuzugreifen.

Als extrem dankbar hat sich in den letzten zwei Jahren aber „Altglas“ erwiesen

Die oben gezeigten Systemkameras sind für das Weihnachts-Foto allesamt mit "Altglas" bestückt, Das Ernst Leitz Wetzlar Hektor 13,5cm 1:4,5 auf der Vollformat Nikon Z7 schießt dabei den Vogel ab. Es wurde 1937 produziert!

Altglas?

Historische, eben (ur)alte Objektive für spiegellose Messsucherkameras (Canon, Contax, Leica, Nikon) und längst nicht mehr existierende Spiegelreflexkamerahersteller. Trotz mitunter sehr speziellen Objektivanschlüssen gibt es fast für jedes Objektiv-Bajonett Adapter, die dem wunderbaren „Altglas“ mit besonderem Charme ein neues, zweites Leben auf der spiegellosen Systemkamera schenken. Was sich mittlerweile aber als Nachteil erweist, denn viele Anbieter in eBay sind in dem irrigen Glauben, ihr Altglas nicht nur für Apothekenpreise anbieten, sondern sogar dafür losschlagen zu können.

Was Preiswahnvorstellungen betrifft, scheint es sich immer noch nicht rumgesprochen zu haben, dass man in eBay ganz links unter „Kategorie“ ziemlich weit unten die per Häkchen aktivierbaren Felder „Beendete Angebote“ und „Verkaufte Artikel“ findet. Nur dort bekommen man einen Eindruck, zu welchen realistischen Preise die Teile wirklich verkauft wurden ... Für mich sind und bleiben die Linsen Jahre-, Jahrzehnte-alte Objektive. Die große Freude machen, ja! Die ich in der Vergangenheit gerne, aber grundsätzlich nur zu vertretbaren Preisen erworben habe. Was aktuell "in der Bucht" (eBay) angeboten wird, kann mehrheitlich weiter in den virtuellen Regalen verstauben.

Eine Sache noch zu Objektiven generell

Bei meinen Experimenten mit Altglas hatte ich bereits öfters bemerkt: "Gefühlt wird aktuell jede Woche irgendein neues Objektiv vorgestellt. Wer soll die eigentlich alle kaufen?"

Mit dieser Ansicht lag ich weit daneben! 

Ich habe einfach mal www.digitalkamera.de "befragt" und unter dem Menüpunkt "Objektive" 2023 durchsucht. 2023 wurden nicht im Wochentakt Objektive präsentiert, tatsächlich sind es im Durchschnitt fast genau zwei Objektive pro Woche! Digitalkamera listete bis zum 8. Dezember 102 Objektiv-Neuvorstellungen. Schaut man kurz in die nikonrumors.com, dann sind 104 und mehr Objektive in 52 Jahreswochen längst erreicht. Da muss die Frage erlaubt sein: "Wer soll diese neuen, oft sehr teuren Objektive eigentlich alle kaufen?"

Es gibt aber noch eine weitere Preis-Idiotie: Seit Jahren abgelaufene, überlagerte Farbfilme

Eigentlich noch schlimmer als die Mondpreise für alte Objektive sind die Folgen eines weiteren Hypes: Analoge Fotografie. Vorweg: Bei 98 plus x digitaler Fotografie, schaffe ich im Jahr gefühlte 2 minus x analoge Fotografie. Weil es Spaß macht und "erdet". Kein — Pardon — digitales Ratatatattt mit 10 Bilder aufwärts pro Sekunde, sondern Muße und Entschleunigung. Nach 36 Fotos ist der Kleinbildfilm voll, der Rollfilm je nach Format schon nach nur 12 oder 8 Aufnahmen. Aber Film ist eben die Voraussetzung für analoge Fotografie!

Was sich da von den geforderten Preisen abspielt, spottet jeder Beschreibung. Da werden für uralte Farbfilme regelrechte Wucherpreise verlangt. Gerne auch mit Hinweisen versehen, das angebotene Material wäre angeblich jahrelang Tiefkühl-gelagert gewesen. Was Frische, Brauchbarkeit suggerieren soll, aber kein Mensch nachprüfen kann. Ganz einfach: Finger weg von Angeboten mit Wucherpreisen! Ich kaufe meine weniger werdenden KB Farbfilme nur auf Flohmärkten! Da bin ich sicher, dass die jahrelang falsch gelagert wurden ;-) Wenn die abgelaufenen Farbfilme nicht gerade aus den Tropen kommen, wo sie bei 30+ Grad "schmorten", kann etwas Entwarnung gegeben werden. In einem noch kommenden Beitrag habe ich etwas recherchiert, was bei abgelaufenen Filmen hinsichtlich Belichtungskorrektur zu beachten ist. Dennoch kein Grund, Wucherpreise für Farbfilme zu zahlen! Ansonsten: SCHWARZWEISS. Da gehen die Preise noch einigermaßen …

"Influenza" ;-)

Was über die letzten Jahren von Jahr zu Jahr immer spurloser an mir vorübergezogen ist: "Beeinflusser" — Influenza. Pardon, ich meinte natürlich "Influencer", nicht die schwere Grippe. Wobei Krankheit ja auch gut zu dieser Influencer-Seuche passt ;-) Süffisant grinsende Allwissende, die mir ein bisschen zu oft versichern, dass ihnen das zum Testen überlassene Gerät natürlich nur leihweise zur Verfügung gestellt wurde. Es müsse nach dem Test zurückgeschickt werden. Wer's glaubt …

Zukunft

Seit die Sony A9III Video- — Pardon — System-Digitalkamera mit ihrem so genannten Global-Shutter Verschluss vorgestellt wurde, der bis 120 Bilder pro Sekunde ermöglicht, wird Unsinn abgesondert wie: Der Tod des Verschluss’, will sagen "Der Tod aller alten/anderen Kameras" und die Konsequenz  “No good photos were taken before this camera existed!” – “Vor der A9III konnte man keine guten Fotos aufnehmen. "Ah jaaaaa", hätte Loriot dazu gesagt ;-)

Obwohl ich nach obiger Ansicht mit dieser Kamera ja eigentlich keine Bilder mehr aufnehmen kann, habe ich 2023 nach langer Überlegung und ganz gewollt eine über 5 Jahre quasi uralte spiegellose 45 Megapixel Vollformat Systemkamera erworben. Gebraucht vom seriösen Profianbieter, versteht sich. Mit Rückgabemöglichkeit und 12 Monaten Garantie.

Also: Einfach weiter Freude am Hobby Fotografie haben. Der Markt ist voll mit gutem Fotogerät! Mit etwas Geduld und genauem Hinsehen lassen sich trotz der beschriebenen "Apothekenpreis"-Zustände tolle und preiswerte Kameras, Objektive und Zubehör finden — fürs neue Jahr 2024 und die weitere Zukunft.

Und ja, es gibt über die Feiertage doch noch zwei einigermaßen historische Digitalkameras! Eine FUJIFILM DIGITAL CAMERA Fuji FinePix 2300 von 2001 und die schicke KonicaMinolta X1 von 2005. Letztere habe ich dann dreimal. Exemplar Nr. 1 läuft manchmal, Exemplar Nr. 2 blinkt beim Startversuch nur hektisch. Exemplar Nr. 3? Mal sehen, ob sich das bequemt noch ein paar Bildchen aufzunehmen? Man wird sehen. Neben diesen beiden Kameras gibt es fürs neue Jahr noch eine frisch erworbene, sehr interessante Digitalkamera von 2009 mit Alleinstellungsmerkmal!

Über die Weihnachtsfeiertage Ruhe und Entspannung, und fürs neue Jahr Zufriedenheit, Gesundheit und immer Fotofreude wünschen:

Boris Jakubaschk, Ralf Jannke und Christian Zahn

 

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Was ist digicammuseum.de?

Die analoge Fotografie blickt auf eine etwa 170-jährige Geschichte zurück, seit etwa 100 Jahren sind Fotoapparate auch für Privatleute erschwinglich. Trotzdem sollte es noch Jahrzehnte dauern, bis die Fotografie zu einem Hobby für Millionen von Menschen wurde und der Fotoapparat zum selbstverständlichen Accessoire jeder Urlaubsreise.

Um so überraschender ist es zu sehen, mit welcher Geschwindigkeit die etablierte Technik in wenigen Jahren nach der Jahrtausendwende in eine Nischenexistenz zurückgedrängt wurde. Ersetzt wurde sie durch Digitalkameras. Diese haben in kürzester Zeit eine atemberaubende Evolution durchlaufen und haben ihre analogen Vorfahren weitgehend überflüssig gemacht. In fast allen Haushalten wurde die alte Spiegelreflex- oder Kompaktkamera durch ein digitales Modell ersetzt.

Während die meisten analogen Kameras viele Jahre, teilweise auch Jahrzehnte lang genutzt wurden, landen die meisten Digitalknipsen nach drei bis vier Jahren in der Schublade und müssen einem leistungsfähigeren Modell weichen. Die technischen Fortschritte werden jedoch immer kleiner. Digitalkameras haben einen Stand erreicht, der keine drastischen Verbesserungen mehr zulässt. Der Boom fand seinen Höhepunkt um die Jahre 2008-2010 und hat seither deutlich nachgelassen.

Das ist auch schon rein äußerlich zu erkennen: In den ersten Jahren war bei den Herstellern von Digitalkameras der Wille zu beobachten, die neue Technik auch für Innovationen in Design, Bedienung und Funktionalität zu nutzen. Inzwischen ist diese Phase weitgehend vorbei und die Hersteller haben zu den aus analoger Zeit bekannten Kameratypen zurückgefunden: Kompaktkameras auf der einen und Systemkameras auf der anderen Seite.

Die in Smartphones eingebauten Kameras sind inzwischen jedoch so gut, dass sie Kompaktkameras die Existenzberechtigung geraubt haben. Wozu ein separates Gerät kaufen, wenn man vergleichbare Bilder auch mit dem Handy hinbekommt, das man zudem immer in der Tasche hat?

Es entsteht so im Moment die paradoxe Situation, dass so viel fotografiert wird, wie noch nie in der Geschichte - und gleichzeitig immer weniger "richtige" Kameras verkauft werden. Mag sein, dass die Ära der Fotoapparate für jedermann zu Ende geht und bald nur noch Hobbyfotografen und Profis als Kamerakäufer übrig bleiben. Deswegen ist nicht zu früh, die "wilden Jahre" der Digitalkamera-Entwicklung zu dokumentieren.

Diese Homepage war anfangs vor allem als virtuelles Museum meiner Kamerasammlung gedacht. Inzwischen ist daraus ein Projekt geworden, bei dem ein wachsender Kreis von Autoren tolle Beiträge zur Digitalkamera-Geschichte beisteuert. Den weitaus größten Anteil daran hat Ralf Jannke, der mit seinen Praxisbeiträgen die verschiedensten Themen detailliert behandelt und großartig bebildert. Was sich allerdings nicht geändert hat: Die Homepage ist ein reines Hobby- und Spaßprojekt. Wir freuen uns über den Austausch mit anderen Sammlern und Fotobegeisterten. Es gibt keine Werbung und wir sind auch keine bezahlten Influencer. Falls Sie allerdings noch eine spannene Kamera herumliegen haben, die Sie nicht mehr brauchen - wir sind immer auf der Suche nach weiteren Exponaten.

Boris Jakubaschk