Verpackungs-Prosa

Avatar of Boris JakubaschkBoris Jakubaschk - 16. April 2018 - Wissen

Was macht ein Hersteller, wenn er eine äußerst mittelmäßige Kamera auf den Markt bringt? Er schreibt wohl eher nicht "mäßige Lichtstärke, heftiges Rauschen, bescheidene Schärfe und kein Zoom" auf die Verpackung. Lügen darf er aber auch nicht. Jedenfalls nicht so richtig.

Also wird die trauruge Wahrheit hübsch dekoriert. Aus dem dürftigen Fixfokus-Objektiv wird "Focus Free with 8x Digital Zoom", aus dem lichtschwachen 3 MP CMOS-Sensor wird "12 MP Image Size (Interpolated)". In der Werbung garniert man das Ganze noch mit ein paar Aufnahmen, die garantiert nicht mit der beworbenen Kamera gemacht wurden.

Man könnte meinen, die schlimmsten Auswüchse derartiger Verpackungsprosa sei mitsamt der Kategorie der simplen Kompaktknipsen zu Grabe getragen worden. Aber es gibt sie noch. Ein besonders schönes Exemplar taucht häufig in Auktions- und Verkaufsplattformen auf: Die Amkov AMK-R2.

Im Beitrag Blendgranaten werden einige Tricks von Herstellern und Verkäufern dargelegt

Und auch die Amkov hat einen eigenen Bericht bekommen.

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1 Kommentare

Bildretusche

19. April 2018

Naja, man muss sich schon ein bisschen auskennen und dass man mit so einer Kamera keine Fotostudio Qualität erhält, ist dann aber auch irgendwie klar. Schade nur, dass es halt so vertuscht wird.


Was ist digicammuseum.de?

Die analoge Fotografie blickt auf eine etwa 170-jährige Geschichte zurück, seit etwa 100 Jahren sind Fotoapparate auch für Privatleute erschwinglich. Trotzdem sollte es noch Jahrzehnte dauern, bis die Fotografie zu einem Hobby für Millionen von Menschen wurde und der Fotoapparat zum selbstverständlichen Accessoire jeder Urlaubsreise.

Um so überraschender ist es zu sehen, mit welcher Geschwindigkeit die etablierte Technik in wenigen Jahren nach der Jahrtausendwende in eine Nischenexistenz zurückgedrängt wurde. Ersetzt wurde sie durch Digitalkameras. Diese haben in kürzester Zeit eine atemberaubende Evolution durchlaufen und haben ihre analogen Vorfahren weitgehend überflüssig gemacht. In fast allen Haushalten wurde die alte Spiegelreflex- oder Kompaktkamera durch ein digitales Modell ersetzt.

Während die meisten analogen Kameras viele Jahre, teilweise auch Jahrzehnte lang genutzt wurden, landen die meisten Digitalknipsen nach drei bis vier Jahren in der Schublade und müssen einem leistungsfähigeren Modell weichen. Die technischen Fortschritte werden jedoch immer kleiner. Digitalkameras haben einen Stand erreicht, der keine drastischen Verbesserungen mehr zulässt. Der Boom fand seinen Höhepunkt um die Jahre 2008-2010 und hat seither deutlich nachgelassen.

Das ist auch schon rein äußerlich zu erkennen: In den ersten Jahren war bei den Herstellern von Digitalkameras der Wille zu beobachten, die neue Technik auch für Innovationen in Design, Bedienung und Funktionalität zu nutzen. Inzwischen ist diese Phase weitgehend vorbei und die Hersteller haben zu den aus analoger Zeit bekannten Kameratypen zurückgefunden: Kompaktkameras auf der einen und Systemkameras auf der anderen Seite.

Die in Smartphones eingebauten Kameras sind inzwischen jedoch so gut, dass sie Kompaktkameras die Existenzberechtigung geraubt haben. Wozu ein separates Gerät kaufen, wenn man vergleichbare Bilder auch mit dem Handy hinbekommt, das man zudem immer in der Tasche hat?

Es entsteht so im Moment die paradoxe Situation, dass so viel fotografiert wird, wie noch nie in der Geschichte - und gleichzeitig immer weniger "richtige" Kameras verkauft werden. Mag sein, dass die Ära der Fotoapparate für jedermann zu Ende geht und bald nur noch Hobbyfotografen und Profis als Kamerakäufer übrig bleiben. Deswegen ist nicht zu früh, die "wilden Jahre" der Digitalkamera-Entwicklung zu dokumentieren.

Diese Homepage war anfangs vor allem als virtuelles Museum meiner Kamerasammlung gedacht. Inzwischen ist daraus ein Projekt geworden, bei dem ein wachsender Kreis von Autoren tolle Beiträge zur Digitalkamera-Geschichte beisteuert. Den weitaus größten Anteil daran hat Ralf Jannke, der mit seinen Praxisbeiträgen die verschiedensten Themen detailliert behandelt und großartig bebildert. Was sich allerdings nicht geändert hat: Die Homepage ist ein reines Hobby- und Spaßprojekt. Wir freuen uns über den Austausch mit anderen Sammlern und Fotobegeisterten. Es gibt keine Werbung und wir sind auch keine bezahlten Influencer. Falls Sie allerdings noch eine spannene Kamera herumliegen haben, die Sie nicht mehr brauchen - wir sind immer auf der Suche nach weiteren Exponaten.

Boris Jakubaschk